Schönheit - Blogreihe #wertekatalog

Es ist Value-Friday und es geht weiter mit der Blogreihe #wertekatalog,

Der einundfünzigste Wert ist:


SCHÖNHEIT

Wikipedia sagt:
Schönheit als Gegensatz zu Hässlichkeit ist ein abstrakter Begriff, der stark mit allen Aspekten menschlichen Daseins verbunden ist. Mit der Bedeutung dieses Worts beschäftigt sich hauptsächlich die philosophische Disziplin der Ästhetik. Wie jede Wertung, ist dieser positiv besetzte Begriff von Wertvorstellungen (Bewertungsmaßstäben) und Bewertungszielen abhängig, die auch durch gesellschaftliche Konventionen geprägt werden. Welche Wertmaßstäbe dem Ausdruck „Schönheit“ zu Grunde liegen, und wie diese zustande kommen, ist auch Untersuchungsgegenstand von Natur- und Geisteswissenschaften. [...] (https://de.wikipedia.org/wiki/Schönheit)
Das ist ein Wert, der im Theater immer wieder Thema ist, in verschiedensten Situationen.
Etwas ist schön, wenn es die Sinne auf eine positive Weise anspricht, wenn es ein Wohlgefühl in uns auslöst. Ein symmetrisches bzw. stimmiges Bild in Farben und Formen, die für uns angenehm sind, die uns beruhigen und erfreuen, statt uns aufzuregen. Ein Klang, der angenehm ist, der uns bewegt, statt uns zu verschrecken. Ein Geruch, der Zuneigung und Wohligkeit erzeugt, statt uns abzustoßen.



Somit ist Schönheit ein Ideal, das gar nicht mal so leicht zu erreichen ist. Wir Menschen bemühen uns dennoch, Schönheit zu erschaffen, denn sie sorgt für eine positive Verbindung zu anderen Menschen.

So auch in der Bühnenunterhaltung. Wir sehen gern schöne Bilder auf der Bühne, wir mögen es zu Träumen und dem Alltag zu entfliehen. Nicht umsonst sind Varietéshows, Musicals, Oper und Ballett so erfolgreich: sie erfreuen das Auge, sie breiten eine opulente, wunderschöne Pracht vor uns aus, die wir in unserem Alltag nicht haben.
Theater kann ebenfalls so sein und ist es manchmal sogar.
Aber Theater hat auch noch einen anderen Anspruch, der vom Publikum erwartet wird: Theater soll die Realität spiegeln. Theater soll alle Emotionen in mir auslösen, nicht nur die guten. Es soll mich zum Lachen, zum Weinen, zum Ärgern und zum Seufzen bringen.
Und hier entsteht ein kleiner Konflikt, der uns Theatermachende herausfordert: wie schaffen wir es, den eigenen Drang nach Schönheit und Perfektion zu überwinden, um auch die Hässlichkeit des Lebens darzustellen? Oder vielmehr: die Realität.

Die einzige Lösung ist, keine Angst zu haben. Die Angst, nicht gemocht zu werden, als abstoßend empfunden zu werden, ist tief in uns vergraben. Wenn wir auf die Bühne gehen, sind wir besonders stark mit dieser Angst konfrontiert, denn dort zeigen wir uns allein vor vielen Augen anderer Menschen, die uns genau betrachten. So genau, wie wir es im Alltag gar nicht gewohnt sind. Das erfordert wahnsinnigen Mut. Wenn aber diese Schwelle einmal überwunden ist und wir gemerkt haben, dass uns dort oben nichts passiert - im Gegenteil, wir dort sogar sicher sind -, dann überwiegt nach und nach mit jedem neuen Auftritt die Freude am Mut und die Freude am Unperfekten.

Meine Spieler tun sich oft schwer, von der eigenen Schönheit Abschied zu nehmen. Sie möchten auf der Bühne attraktiv sein, kraftvoll, dynamisch, bewundernswert und stark. Aber so ist nur ein kleiner Teil der Menschen. Denn so wie es im Leben unattraktive, gemeine, hinterlistige, langweilige, bedauernswerte, schwache, böse oder abstoßende Menschen gibt, so muss es sie auch auf der Bühne geben, wenn wir das Leben dort draußen spiegeln oder gar überzeichnen wollen.

Das schöne ist: je länger jemand Theater spielt, desto entspannter wird er. Nach und nach wird einem klar: die Bühne ist keine Singlebörse, sondern ein Ort der Freiheit. Mit jedem Auftritt wächst das eigene Selbstvertrauen immer weiter. Ich kann auf der Bühne etwas sein, was ich nie im echten Leben sein will oder was ich schon immer sein wollte, mich aber nie getraut habe. Ich darf eine ganz neue Rolle spielen, ich darf genau das darstellen, was ich an anderen hasse.

Und genau das ist der Moment, indem ich genau dieses Unperfekte schön finde - weil ich es liebe.
Nicht alles auf der Welt ist schön, bei weitem nicht. Auch ist nicht jeder Mensch schön, diese Behauptung wäre vermessen. Aber die Einzigartigkeit und Vielfalt auf dieser Welt - die ist wirklich schön.


Genau so wie Christian Morgenstern es in diesem Zitat beschreibt:

Foto: "Meister und Margarita", Theatergruppe Vorspiel: https://www.facebook.com/TheatergruppeVorspiel

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